Wir befinden uns direkt im Zentrum des vietnamesischen Kaffeeanbaus. Rund 80 Prozent der jährlichen Kaffeeernte stammt aus der Provinz Dak Lak. Der Kaffee in diesen Regionen wird auf ca. 200.000 Hektar Land angebaut. Die gesamte Anbaufläche in Vietnam beläuft sich auf rund 650.000 Hektar. Vietnam zählt somit zu den zweitgrößten Kaffeeproduzenten der Welt und Deutschland ist einer der größten Abnehmer von vietnamesischem Kaffee. Zusammen mit Herrn Siegfried Kaulfuß ging es heute auf die ehemaligen DDR Kaffeeplantagen, die selbst nach über 30 Jahren noch in voller Blüte stehen.
Feierlichkeiten werden nicht ausgelassen
Nach dem Frühstück fuhren wir zu den Plantagen des Kaffeekonzerns "Vina Cafe (Viet Duc)". Kurz vor dem Ziel noch ein kleiner Abstecher. Die Vertreter der Firma Viet Duc leiteten uns in einen Festsaal. Laute Musik, Frauengesang? Ja, es gab etwas zu feiern, denn heute ist Frauentag in Vietnam! Die Damen machen daraus sogar eine richtige Party. Es wurde gesungen, getanzt und gelacht. Selbstverständlich in traditioneller Kleidung (ao dai). Die Arbeiterinnen der Firma hatten sichtlich Spaß an dem Fest. Unsere Anwesenheit hatte sich rumgesprochen. Das gesamte Team, insbesondere Herr Siegfried Kaulfuß, wurde gebührend empfangen. Eine Begrüßungsrede gehört in Vietnam immer dazu. Siegfried hatte den besten Platz. Erste Reihe. Gleich neben Truc und den wichtigsten Vertretern der Firma. Wieder ein bewegender Moment für Siegfried. Barbara saß mit Enrico auch an der Front. Neben ihnen eine vietnamesische Frau. Erst später erfuhr ich, warum sie bei ihnen saß. Aber es gab noch einen weiteren Höhepunkt. Da Truc, Barbara, die noch fremde Vietnamesin und ich, auch zu der weiblichen Rasse zählen, bekamen wir feierlich einen Blumenstrauß überreicht. Wirklich eine schöne Geste. Zum Abschluss gab es noch einen leckeren Kaffee im Konferenzraum von Viet Duc. Nach der sehr herzlichen Verabschiedung und zwei kleinen Fans, die mir für ein gemeinsames Foto auflauerten, verließen wir das Gebäude.
Eben noch wunderbare Klänge, doch was ist das?
Lampen- und Insektenfreund Rigo wusste sofort, was dieses ohrenbetäubende Geräusche erzeugt.
Zirpende Zikaden! Wobei das Zirpen drei Mal so laut war, wie die Hupen in Ho Chi Minh City. Ich habe gedacht ich traue meinen "Ohren" nicht. Und dann haben wir die gut getarnten Tierchen am Baum entdeckt. Dies war nur ein kleiner Schwenk ins Reich der Insekten.
Eine blühende Blume namens Siegfried
Ab ins Auto. Fahrt zu den Plantagen.
Angekommen bei den ehemaligen DDR Plantagen, hatte ich das Gefühl, Siegfried fiel ein Stein vom Herzen. "Diesen Weg bin ich so oft gegangen" sagte er und betrachtet dabei das Werk, welches er, zusammen mit weiteren DDR Experten und Vietnamesen, erschaffen hat. Die Kaffeesträucher (Robusta) standen in voller Blüte. 30 Jahre nach der Entwicklungshilfe funktioniert das System weiterhin. Ein Erfolg, auf den Siegfried sehr stolz sein kann!
Ich entdeckte eine Biene auf einer Kaffeeblüte. Schnell husche ich zwischen die Sträucher. Gibt es ihn wirklich? Den Kaffeehonig? Leider habe ich heute keine Antwort darauf bekommen, aber ich bleibe am Ball. Meine Träumerei mit den Bienen hatte ein Ende. Ein lautes, herzlichen Lachen. Die Frau von vorhin. Sie spricht. Habe ich mich verhört? Sie spricht deutsch? Ja, sie spricht deutsch! Sie war die damalige Dolmetscherin für Herrn Siegfried Kaulfuß und Kollegen. So viele Jahre ist es nun her, dass Kim Long (67) das letztes Mal deutsch gesprochen hat. Ihr berlinerischer Akzent ist dennoch deutlich hörbar. Sie freute sich sehr über unseren Besuch, vor allem aber über Siegfried. Eine starke Frau. Barbara war fasziniert und wich ihr nicht von der Seite. Ich glaube, daraus könnte sich eine echte Freundschaft entwickeln.
Die Autos hupten, diesmal nach uns. Die Fahrt ging weiter. Unseren Weg kreuzte ein Krankenhaus, welches neben Schulen, Wohnhäusern und Straßen als freiwillige Solidaritätshilfe der DDR erbaut wurde. Es ist noch intakt. Ein Krankenhaus für allgemeine Erkrankungen.
Nächster Stopp. Ein noch intaktes, von der DDR erbautes Gelände. Alte Maschinen und Geräte wie ein Elektromotorenwerk aus Wernigerode, ein Elektronikschaltkasten aus Grimma, einTraktor sowjetischer Bauart und ein HW 80 Anhänger sind hier zwar in die Jahre gekommen, aber dennoch Zeitzeugen wie Siegfried, für die effiziente Entwicklungshilfe aus Deutschland. Nach und nach werden diese Maschinen durch neue ersetzt. Die Plaketten sind sehr gut zu erkennen. Ich fühle mich zu Hause.
In den Lagerhallen befindet sich der bereits sonnengetrocknete Rohkaffee. Die Ernte im November 2014 fiel schlecht für die Vietnamesen aus. Fehlende, klimatische Bedingungen, wenn man sie brauchte und umgekehrt. Dieses Jahr soll es besser werden. Enrico ist in seinem Element. Am Sortiertisch hält er Vorträge über Rohkaffee, dessen Beschaffenheit und charakteristische Merkmale. Über den vietnamesischen Kaffee kann er nur gutes berichten. Seit der Zusammenarbeit mit Vietnam ist er von der Qualität des Rohkaffees überzeugt. Er erinnert sich noch, wie er zu den alten DDR Plantagen kam.
Typisch. Der kleine Hunger machte sich bemerkbar. Genau richtig für eine Pause. Die Mittagssonne war nur schwer ertragbar. Ein Restaurant war wie immer nicht weit entfernt. Auf die Stäbchen, fertig, los! Abfall unter den Tisch. Das haben wir schell gelernt.
Nach dem Essen wieder ins Auto. Zurück zum Hotel. Kein Feierabend. Impressionen der Stadt einfangen. Gute Zeit gewählt, denn ab 17 Uhr fängt das Leben auf den Straßen in Vietnam erst richtig an. Die Straßen werden zu Marktplätzen. Es werden Obst, Gemüse, Hühnerbeine, Eingeweide, Nudeln und Handhüllen verkauft. Zwischendrin hupende Motorroller. Die Vietnamesen freuen sich über uns und lassen sich sogar gern fotografieren.
Lange hält man es hier trotzdem nicht aus. Der Lärm und die vielen Gerüche verursachen Kopfschmerzen. Ab ins Hotel, an meinen Arbeitsplatz.