Entschuldigung für den gestrigen Berichtsausfall
Wir sind direkt nach dem Kaffeefest von Buon Ma Thuot nach Da
Lat gefahren. Nach der fünf stündigen Fahrt war es allerdings bereits kurz vor
Mitternacht. Dafür gibt es heute die doppelte Dosis!
Wer zu spät kommt, den bestraft der Pförtner
Montag. Ohne Frühstück ging es morgens zum
Gymnasium nach Buon Ma Thuot. An der Schule angekommen, schwappte eine Welle
motivierter Schüler an uns vorbei. Zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Moped. Alle
hatten nur ein Ziel. So schnell wie möglich hinter das Tor auf den Schulhof.
Die Schuluniformen haben mir sehr gut gefallen. Früher hatte ich mir das immer
an unserer Schule gewünscht. Wir schwammen also mit dem Strom auf das
Schulgelände. Geschrei. Hinter uns wurde es hektisch. Der Pförtner schimpfte
und fing an, das Tor zu schließen. Die letzten quetschten sich durch. Schüler,
die zu spät kommen, müssen draußen bleiben. Das wollte keiner von ihnen!
Ansammlung auf dem Schulgelände. Morgenpappel
der Schulklassen. Ich kenne dieses Ritual nicht mehr, habe mir aber sagen
lassen, es hat nicht geschadet. Die beste Klasse der Woche wurde ausgezeichnet
für ihre erbrachte Leistungen. Zwei Schüler mussten sich vor versammelter Mannschaft
hinstellen. Truc erklärte mir, sie haben den Unterricht gestört und müssen nun
bis zum Ende der Veranstaltung mit herabgelassenem Gesicht dort stehen. So
etwas passiert nicht oft. Kein Schüler gibt sich gern diese Blöße. Auf dem
Schulgelände sind Schilder aufgestellt, welche die Schüler sich zu Herzen nehmen.
Im Anschluss an die Veranstaltung, durften wir eine Lehrerin zu ihrer
Englischklasse begleiten. Die Schüler klatschten in die Hände und trommelten
auf die Tische. Barbara hatte Süßigkeiten für die Kinder mitgebracht. Siegfried
stellte Fragen: "Wie heißt die Hauptstadt von Deutschland? Welche
Nationalmannschaft wurde letztes Jahr Weltmeister im Fußball?" Für jede
richtige Antwort bekamen die Schüler Geschenke von Siegfried. Die Frage
"Wer ist der Chef von Deutschland" konnte keiner beantworten. Nicht schlimm.
Süßigkeiten gab es trotzdem. Selfies mit Siegfried. Gruppenfotos mit uns. Die
Schüler waren aus dem Häuschen und wir waren traurig, als wir wieder gehen
mussten.
Was wünscht sich die Jugend? Wo sehen sie
sich in naher Zukunft? Zwei Mädchen auf dem Schulhof konnte ich schnell
vor dem Unterricht dazu befragen. Huong und Khuyen möchten im
Dienstleistungsbereich oder als Dolmetscher arbeiten. Beide wollen vorher
studieren, am liebsten im Ausland.
Schule in Vietnam - nichts für den kleinen Geldbeutel
Bildung steht hier an erster Stelle. Für die Vietnamesen bedeutet ein hoher Bildungsgrad eine bessere Chance auf dem
Arbeitsmarkt. Dafür müssen die Eltern der Schüler und Studenten in die eigene Tasche greifen. Die Grundschule ist für alle Kinder kostenlos. Ab der Sekundarstufe I müssen monatliche Schulgebühren bezahlt werden. Long erinnert
sich gut daran: "Im Monat kostete meine Schule ungefähr 300.000 Dong (ca. 12 Euro). Meine Eltern leben getrennt. Meine Mutti musste allein für mich sorgen. Sie ist Hausfrau."
Arbeitslosengeld gibt es in Vietnam kaum. Long versucht daher so gut wie möglich sein Semester an der Universität abzuschließen, damit die Finanzierung über ein Stipendium seine Mutti entlastet. Die Kinder auf dem Land haben es schwerer. Viele können nur die Grundschule besuchen. Die Eltern haben nicht genügend Geld, um ihren Kindern eine vernünftige Schulausbildung zu finanzieren. Geld regiert die Schulwelt. Paradoxerweise kippt dieser optimale Zustand. Es herrscht ein Mangel an Fachpersonal in Vietnam. Studium wird einer Berufsausbildung vorgezogen. Die Regierung versucht nun Anreize zu schaffen, um die Vietnamesen von einer beruflichen Schulung zu überzeugen. Viele Jugendliche wollen im Ausland studieren. Die meisten Hochschulabschlüsse aus Vietnam sind international nicht anerkannt. Der Andrang im Land ist enorm. Je höher der akademische Abschluss, umso geringer die Chancen auf Beschäftigung.
Konferenz des vietnamesischen Kaffeekonzerns
Nach dem Schulbesuch wollten wir zum Frühstück. Eine ungeplante, aber wichtige Kaffeekonferenz kam dazwischen. Wer hätte gedacht, dass ich die Gelegenheit bekomme, mit dem Präsident des vietnamesischen Kaffee und Kakao Vereins zu sprechen? Stimmt. Niemand!
Also, Magen nach unten gedrückt - The Show
must go on!
Herr Luong Van Tu ist nicht nur derzeitiger Präsident des Vereins. Er ist der ehemalige wirtschaftliche Leiter
der vietnamesischen Delegation, als Vietnam der WTO (Welthandelsorganisation) und der wirtschaftliche Gesellschaft ASEAN beigetreten ist. Er freute sich über unseren Besuch und berichtete stolz über die Kaffeeernte vom letzten Jahr. Trotz der schlechten Verhältnisse wurden 1,6 Millionen Tonnen Kaffee exportiert. Der Erfolg ist auf die Hilfe von Deutschland zurückzuführen. Zukunftspläne für die kommenden Jahre stehen fest. Die Kaffeeproduktion soll weiter wachsen. Ebenso die Herstellung von Instantkaffee.
Fünftes Kaffeefest in Buon Ma Thuot - Die Stadt in voller Blüte
Menschenmassen auf den Straßen. Lärm. Laute Hupen. Der Geruch nach geröstetem Kaffee. Das Kaffeefest in Buon Ma Thuot. Bunt, bunter, Vietnam. Auf dem Ausstellungsgelände drängelten sich verschiedene Fernsehteams um die besten Plätze. Auch wir waren ganz vorn mit dabei. Bei der Eröffnungsrede und mit Show-Ensemble stürzten wir allein an die Bühne, um ein paar gute Bilder zu bekommen. Siegfried saß erste Reihe neben seinen alten Kollegen. Die Verabschiedung ist ihm schwer gefallen. Wer weiss, wann sie sich das nächste Mal wiedersehen.