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Tröglitz in der Altmark

Überall | 12. März 2015


by Felix Moniac

Seit einigen Tagen sitzen wir wieder einmal erschrocken vor unseren gängigen Leben und rufen: “Geht das denn schon wieder los?” - Die Mutigen unter uns, sie trauen sich gar, einmal laut am Küchentisch oder unter der Dusche die Frage als Imperativ zu formulieren: “Das darf nicht schon wieder losgehen!”.


“Das” ist: Fremdenfeindlichkeit und Hass. Thema zurzeit besonders, klar, wegen: Tröglitz.


Ein Dorf, weit weg von Stendal und der Altmark, mitten im Herzen Ostdeutschlands. Dort, wo es außer den eingewanderten und beliebten Wölfen (so schön nordisch) natürlich nix gibt außer Nazis. Der übliche Osten eben.

Der rote Pfeil in der Mitte zeigt auf Tröglitz 
by Felix Moniac

Stendal und die Altmark, sie sind indes selbst weit weg. Weit weg von Lampedusa und Syrien und dem Kriegsalltag, den Millionen von Menschen jeden Tag erleben.

Seit “Pegida”, die kurzzeitig das größte kostenlose Freiluftkabarett der Welt veranstaltet haben, wissen wir, dass Mensch jenes am stärksten fürchtet, das er nicht kennt.
Also dachte ich: hier in Stendal, da kennt doch niemand Asylbewerber.

Die haben bestimmt alle Angst.
Dachte ich.

by Felix Moniac

Habe ich falsch gedacht. Und fühle mich gerade gleich wieder etwas versöhnt.

Versöhnt, weil ich mit meinem Mikro eben nicht genau auf die Leute zugegangen bin, von denen ich dachte, dass sie bestimmt genau das sagen werden, was so ein Journalist des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in seine Heile-Welt-Umfrage packen will - Lügenpresse und so - sondern versöhnt, weil ich einfach rumgestapft bin und irgendwelche Leute angequatscht habe.
Und die haben dann trotzdem keinen Mist erzählt, sondern Dinge gesagt, die ich sofort unterschreiben konnte.


Ja, gut, es waren gerade keine Thor Steinar-Typen auf der Straße unterwegs, aber um die ging es mir auch nicht.


Der "einfache Mensch" von der Straße ist offensichtlich gar nicht so "dagegen", wie zumindest ich das so von ihm angenommen hatte. Cool!

Dennoch: die Rechtsradikalen und menschenverachtenden Spinner sind auch da.
Und deswegen reicht es nicht, dass wir im Kreise unserer Freunde und Familie sagen, dass wir Asylbewerber und Fremde willkommen heißen. Markus Nierth ist zurückgetreten, weil er sich alleingelassen gefühlt hat. Er hat sich alleingelassen gefühlt, obwohl viele Menschen hinter ihm stehen und seine Sicht der Dinge teilen.

Aber sie haben seine Sicht nur leise geteilt.
Und jetzt ist es zu spät.

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